Interkulturelle/transkulturelle Biografiearbeit:
Spurensuche zur eigenen und fremden Kultur

Ansätze zur Überwindung von Fremdenangst und Rassismus in einer diversen Gesellschaft

Wochenend-Seminar am 10./11. September 2022.

ACHTUNG: Das Wochenend-Seminar fällt wegen Krankheit aus!

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Die Integration von Menschen, die in unser Land kommen, ist wichtig für den sozialen Frieden. Ausgrenzung und rassistische Übergriffe auf der einen Seite und Anschläge auf der anderen Seite sind Nährboden für Fremdenangst, Rassismus und gesellschaftliche Verunsicherung.

Migration lässt sich als Systemübergang beschreiben: Menschen verlassen heimatliche Systeme, z.B. Familie, Kultur und Staatswesen des Herkunftslandes, und treten in neue Systeme, z.B. Aufnahmelager, Arbeitsplatz, Kultur und Gesellschaft des Zuwanderungslandes, ein. Lebensumbrüche und Krisen sind in der Migration als Übergänge zwischen unterschiedlichen Kulturen und Staatsgebilden eines Systems zu verstehen. Wenn wir also Menschen in Übergängen begleiten oder verstehen wollen – wenn wir Migrant:innen bei ihrem Übergang in ein neues Land unterstützen, beschäftigen wir uns mit diesen Systemelementen, die Möglichkeiten und Ansatzpunkte für eine interkulturelle, transkulturelle Arbeit bieten.

Die Gruppe der Geflüchteten nimmt im Moment in der Migrationsarbeit den größten Raum ein. In vielen gesellschaftlichen Institutionen, Kirchen und kulturellen Räumen, in Bereichen der Sozialen Arbeit, der Flüchtlingshilfeorganisationen, staatlichen und kirchlichen Einrichtungen wird Unterstützung und Begleitung angeboten. Es handelt sich um Deutschkurse, Integrationskurse, Betreuungsangebote, Beratungsgruppen, interkulturelle Musik-Kunst-und Theaterprojekte u.v.m. (vgl.BAMF)

Interkulturelle/transkulturelle biografische Arbeit führt zu einem qualitativen Austausch, durch den sich Sicht- bzw. Denkweisen verändern können. Eine wichtige Motivation für solche Veränderungen bildet die Erkenntnis, dass Menschen – unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund, Geschlecht, Alter – ähnliche grundlegende Bedürfnisse spüren und Verletzungen und Freuden ähnlich erleben.

Interkulturelle/transkulturelle Biografiearbeit geht vom einzigartigen Erfahrungs- und Verständnishorizont jedes Menschen aus und hilft dabei, Missverständnisse und stereotype Wahrnehmungsweisen unter Menschen zu überwinden. Dabei soll die Identität von Menschen, die ihr Heimatland verlassen haben, gesichert werden und somit auch ihre Kultur.

Wer mit Migranten arbeitet, muss Rahmenbedingungen, Basiskenntnisse und Herausforderungen berücksichtigen. Interkulturelle Kompetenz ist eine wichtige Voraussetzung.

Haupt -und ehrenamtliche Begleiter:innen von Menschen mit Migrationsgeschichte benötigen neben Empathie und Kenntnis des Migrationsthemas ein Wissen über die kulturelle Herkunft ihrer Klienten. Einheimische, in Deutschland aufgewachsene Menschen erleben ein neues Verständnis und nehmen in ihrem Leben eine Bereicherung wahr durch Menschen aus anderen, oftmals fremden Kulturen. Ebenso sind methodische Verfahren notwendig, die den kulturellen Gewohnheiten Zugewanderter entgegenkommen.

Zielgruppe
Die Fortbildung richtet sich an Haupt- und Ehrenamtliche in der Flüchtlings/Migrationsarbeit, der Sozialen Arbeit, an Lehrer:innen und Lehrer – und an interkulturell interessierte und engagierte Menschen.

Curriculum

Wir finden heraus, wie Migrationserfahrung das Leben der Menschen prägt.
Wir schauen, welche Rolle die Begriffe „Heimat“ und „Herkunft“ für uns alle spielen.
Wir entdecken über den persönlichen Lebensweg die eigene und fremde Kultur.
Wir begreifen die Entwicklungsbedingungen der anderen Kultur mit kreativen Methoden.
Wir entdecken die/den Fremde/n oder das Fremde in seiner Eigenartigkeit.
Wir entdecken persönliche Talente und Fähigkeiten, die durch das Leben in verschiedenen kulturellen Zusammenhängen entstanden sind.

Wir erspüren Kultur als ein Gefüge mit vielen Facetten und lernen einen achtsameren Umgang mit der anderen Kultur.
Kulturelle Identität ist keine festgeschriebene nationale Leitkultur, sondern ein sich überlagerndes Gefüge aus vielen verschiedenen Erfahrungen. Wir sind als Personen von unterschiedlichen kulturellen Bezugssystemen geprägt. Unser Leben ist transkulturell und hat viele Überschneidungen mit der Kultur anderer Länder und Menschen. Dabei will eine transkulturelle Weltsicht in der Praxis nicht Unterschiede auslöschen. Sie will die Möglichkeiten der Verständigung erweitern und mit anderen Menschen als „grundsätzlich Ähnlichen“ in Kontakt gehen.

Viele Migrant:innen kommen aus kollektiven Kulturen und oralen Gesellschaften, in denen das Erzählen, das Spielen, das Gestalten, das lebendige Feiern und viele andere kreative Ausdrucksformen wichtige Lebenselemente sind und zu einer stabilen Ich-Identität gehören. Diese Ausdrucksformen verkümmern meist im Einwanderungsland oder finden nur in eigenen Migrantengruppierungen ihren Ausdruck. Der fehlende interkulturelle Kontakt und Austausch von Migranten und Einheimischen im Einwanderungsland führt zu Fremdenangst und Ausgrenzung und Rassismus.

Prozesse des gegenseitigen Verstehens und Handelns werden unter Menschen angeregt, die sich selbst als unterschiedlichen Kulturen zugehörig betrachten; ein “gemeinsames Drittes” zu schaffen – doing culture durch interkulturelle/transkulturelle Kommunikation.

Wir arbeiten mit
– transkulturellen Methoden des Szenischen Spiels, mit Bewegung und Körperübungen
– biografischem und performativem Theater, Theater Augusto Boal
– Gesang und Sprachübungen und suchen verschiedene Zugänge zu unserer Lebensgeschichte, unseren Erfahrungen und Visionen.

Das entdeckte und gestaltete „Material“ wird gemeinsam in einem geschützten Rahmen mit Vertrauen und Annahme präsentiert und reflektiert.

 
Kursleitung
Christa Hengsbach (Frankfurt) und Dr. Moris Samen

Christa Hengsbach ist Musik-Theater-Pädagogin, ehemals: Lehrerin für Deutsch, Musik und Darstellendes Spiel; Trainerin für Biografiearbeit und Szenisches Spiel; Vorsitzende des Vereins “Interkulturelle Werkstatt e.V.”, Frankfurt am Main (www.interkulturellewerkstatt.wordpress.com)

Dr. Moris Samen ist Ethnologe, Soziologe, Kulturcoach, Trainer für Konzepte von Schutz und Prävention – Antirassismus mit afrikanischer Dynamik. Website: www.morissamen.com

Kosten und Ratenzahlung
Die Kosten belaufen sich auf 275 Euro.
Ratenzahlung ist möglich.

Tagungsort
Fabrik Chasalla, Sickingenstrasse 10b, 34117 Kassel